The Future of FileMaker

The Future of FileMaker

Nach 30 Jahren beständiger technologischer Weiterentwicklung gibt es radikale Veränderungen beim Hersteller der beliebten Datenbank-Entwicklungsumgebung.

2019 wird der FileMaker Entwickler Community als ein Jahr mit vielen einschneidenden Veränderungen im Gedächtnis bleiben. Im März gab das Unternehmen die Ernennung von Brad Freitag zum neuen CEO der Apple Tochter FileMaker, Inc. bekannt. Im August verkündete dieser auf der FileMaker DevCon in Florida einen Strategiewechsel und die Umbenennung der Firma von FileMaker, Inc. in Claris International Inc. Damit einhergehend wurden zahlreiche Schlüsselpositionen im Unternehmen neu besetzt und eine weitreichende Umstrukturierung wurde eingeleitet. Die diesjährige FileMaker DevCon war die letzte ihrer Art, denn die internationale Entwicklerkonferenz wird zukünftig unter dem Namen „Claris Engage“ stattfinden. Erstmals gibt es auch einen Termin für eine europäische Konferenz, die 2020 in Lissabon stattfinden soll und von Claris selbst ausgerichtet wird.

Aus Claris wurde FileMaker

Dass der Name Claris dem einen oder anderen langjährigen Entwickler bekannt vorkommt, ist nicht erstaunlich: Bis 1998 hieß die Firma schon einmal Claris, wurde aber im Zuge einer Umstrukturierung nach der Rückkehr von Steve Jobs zu Apple in FileMaker umbenannt. Grund war seinerzeit, dass alle übrigen Claris Software-Produkte eingestellt bzw. durch andere Apple Software abgelöst wurden. Einzig die Datenbank FileMaker passte nicht in das Schema von Apples Ausrichtung auf private Anwender und wurde als Business-Anwendung ausgegliedert. Die Firma Claris, die nach den Änderungen nur noch dieses eine Produkt im Portfolio hatte, hieß fortan FileMaker, Inc.

Aus FileMaker wird Claris

21 Jahre später erfolgte nun die Rückbesinnung auf den alten Namen. Zugleich gibt die Firma Claris bekannt, dass jetzt wieder zusätzliche Produkte und Services das Portfolio erweitern werden. Ein interessanter Neuzugang ist die angekündigte Plattform „Claris Connect“, die aus der Akquisition des italienischen Startups Stamplay hervorgeht. Damit möchte Claris sich stärker als Cloud-Anbieter positionieren und die bisherige FileMaker Cloud um eine Lowcode Workflow-Lösung ergänzen, die dazu dient, APIs von anderen Cloud- Diensten einfach zu integrieren.

Alles in die Cloud

Mit den Veränderungen einhergehend kündigt Claris eine neue „Cloud first“-Strategie an, die zukünftig über einen webbasierten Zugang bestehende und neue Kunden auf die Plattform locken soll. Über einen Single-Sign-on-Zugang soll es Kunden möglich sein, sowohl Lizenzen einfach zu buchen, als auch in wenigen Minuten einen fertig konfigurierten Cloud-Server für eigene Projekte zu erhalten. Für Entwickler ist diese Umstellung insofern interessant, als sich damit nicht nur die technische Konfiguration des FileMaker Servers in der Amazon AWS Cloud vereinfacht, sondern zusätzlich in der Admin-Console eine zusammengefasste Übersicht aller eigenen Server und der vom Entwickler betreuten Kunden-Server angeboten wird.

Claris Connect

Die eigentliche Neuerung ist jedoch die tiefgreifende Integration der Plattform mit dem rein cloud-basierten „Claris Connect“. Über ein Webinterface lassen sich mit wenigen Klicks Workflows über verschiedene Cloud-Dienste hinweg konfigurieren, die mit oder ohne Integration einer FileMaker Datenbank funktionsfähig sind. Zwar war es mit der Einführung von REST APIs in FileMaker bereits möglich, Cloud-Dienste anzusprechen, doch die neue Plattform bietet dafür einen sehr viel einfacheren Weg an. Damit zielt Claris auf die als „Problem Solvers“ bezeichneten ambitionierten User, die sich zukünftig ohne tiefgreifende Programmierkenntnisse eigene Lösungen zusammenklicken können, um über die reine Datenhaltung hinaus eine echte Wertschöpfung in Unternehmensabläufen zu realisieren.
Zum Start der Plattform will Claris bereits eine Integration für über 100 Cloud-Dienste als Bausteine für eigene Workflows anbieten. Damit lassen sich z. B. Dokumente in Drop- box speichern, E-Mails per Mailchimp verschicken, Adressen auf Google-Maps darstellen, Nachrichten über Slack-Channels verteilen oder Daten direkt an Salesforce übermitteln. Wer bereits eine bestehende FileMaker Lösung hat, kann auf diesem Weg die internen Prozesse schnell und einfach mit anderen Diensten koppeln, ohne jedes Mal eine aufwendige Schnittstelle oder komplizierte Authentifizierungs-Mechanismen einrichten zu müssen.

Claris Core

Hinter den Kulissen will Claris mit dem als „Claris Core“ bezeichneten Hosting-Service dafür sorgen, dass alle Dienste nahtlos ineinandergreifen und ein sicherer und robuster Betrieb in der Cloud gewährleistet wird. Was bislang mit einer z. T. recht steilen Lernkurve für Entwickler verbunden war, um eigene Datenbank-Lösungen auf Amazon AWS zu hosten, bekommt man zukünftig als Full-Service-Dienstleistung direkt von Claris bereitgestellt.

Claris bemüht sich jedoch darum klarzustellen, dass „On-Premise“-Lösungen auf dem FileMaker Server auch weiterhin inhouse betrieben werden können. „Cloud First“ bedeutet laut Aussage von Claris, dass der Fokus für Neuentwicklungen zunächst auf der Cloud liegt und einige Features evtl. erst im zweiten Schritt für eine lokale FileMaker Installation in der jeweils neuesten Version bereitgestellt werden. Wie dieser Wandel und die neu geschaffenen Services lizenzmäßig abgebildet und bepreist werden, soll in Kürze bekanntgegeben werden.

FileMaker Marketplace

Für Entwickler und Claris-Partner interessant ist der neu geschaffene „FileMaker Marketplace“. In seiner endgültigen Ausbaustufe soll hier eine Online-Vertriebsplattform für FileMaker Lösungen und FileMaker-nahe Tools und Dienste entstehen, vergleichbar mit Apples App Store. Darüberhinaus soll es möglich sein, die über „Claris Connect“ erstellten Workflows über den Marketplace anzubieten, ebenso wie neue Adaptoren, mit denen die Plattform um weitere Cloud-Dienste ergänzt werden kann. Denkbar wäre also, dass typische Entwickleranforderungen wie Shop-Anbindung, SEPA- Schnittstelle oder Datev-Anbindung (um nur einige Ideen zu nennen) zukünftig in Form eines Cloud-Adapters über den Marketplace als Modul bereitgestellt werden, das man anschließend mit wenigen Klicks direkt in die eigene Lösung integrieren kann. Sicher eine interessante Perspektive für versierte FileMaker Entwickler bzw. Anbieter von Speziallösungen, um das eigene Geschäftsmodell zu erweitern.

Claris Next Gen

Derzeit noch in der Entwicklung befindet sich der letzte große Baustein der Claris-Strategie. Unter „Claris Next Gen“ fasst der Anbieter eine ganze Reihe von zukunftsweisenden Konzepten zusammen. Neu geschaffen werden soll u. a. die Möglichkeit, FileMaker Apps direkt im Webbrowser zu erstellen und anzupassen – das war bislang nur mit der auf dem lokalen Rechner installierten FileMaker Anwendung möglich. Aus vorgefertigten Schablonen und Modulen sollen sich sehr schnell und einfach komplette Lösungen zusammenklicken lassen, die mithilfe adaptiver Layouts ohne weitere Anpassungen auf unterschiedlichen Endgeräten (Desktop-Client, Tablet, Smartphone, Webbrowser) optimiert dargestellt werden können. Hierzu vollzieht Claris einen längst überfälligen Schritt mit der vollständigen Integration von JavaScript in FileMaker. Auf JavaScript basierende Add-ons und Widgets lassen sich zukünftig über den Web Viewer einfacher integrieren und werden zudem auch unter Webdirect im Browser ihr volles Potential entfalten können.

Unabhängig davon sollen einige neue Betriebssystem-APIs aus der Apple-Welt für FileMaker zugänglich gemacht werden, wie zum Beispiel das CoreML-Framework, mit dem die Integration von Machine-Learning-Anwendungen möglich wird. Interessant für iOS-Anwendungen ist u. a. die Einbindung von Siri, die sich nicht nur auf das Konfigurieren von Sprachkommandos als Trigger für FileMaker beschränkt, sondern umgekehrt auch die Integration von FileMaker Scripts in iOS-Workflows erlaubt, welche somit App-übergreifende Tasks unter Einbeziehung von FileMaker Go ausführen können.

Fazit

Unterm Strich vollzieht Claris einen bemerkenswerten Wandel, der die bisherigen Möglichkeiten von FileMaker auf vielfältige Weise erweitert und zugleich neue Anwendungsfelder für Kunden und Entwickler erschließt. Erklärtes Ziel von CEO Brad Freitag ist es, die Kundenzahl innerhalb weniger Jahre zu verdreifachen. Letztlich wird viel davon abhängen, wie gut es Claris gelingt, auch die Entwickler-Community mit ins Boot zu holen, um die neuen Potenziale voll auszuschöpfen. Hierzu gab es bereits deutliche Signale auf den verschiedenen Entwicklerkonferenzen in den USA und Europa – so auch Mitte Oktober in Hamburg auf der deutschsprachigen FileMaker Konferenz „FMK 2019“. Der Dialog ist spürbar offener geworden und nun liegt es an uns, die neuen Chancen und Möglichkeiten aufzugreifen und die Zukunft mitzugestalten. Man darf auf jeden Fall gespannt sein, wie es weitergeht.






Weitere Infos und Details

Details zur Strategie und zu den technischen Möglichkeiten finden sich u. a. in den Keynotes von der FileMaker DevCon, die inzwischen auf YouTube in eigens dafür eingerichteten Playlists veröffentlicht wurden. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von aufschlussreichen Podcasts mit Interviews, Meinungen und Einschätzungen. Siehe nachfolgende Links:


FMM201905Dieser Bericht erschien in der Ausgabe 2019-05 des FileMaker Magazins. Anbei PDF-Download des vollständigen Artikels mit freundlicher Erlaubnis des K&K Verlags.


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